Presse:2008 04 Die Deutsche Bühne (online) über Risiken und Nebenwirkungen: Unterschied zwischen den Versionen

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==Ein Leben in Rezepten==
 
==Ein Leben in Rezepten==
  

Aktuelle Version vom 27. September 2018, 06:39 Uhr

Archivkarton RuN.jpg

Ein Leben in Rezepten

Osnabrück zeigt die Uraufführung von Klaus Fehlings „Risiken & Nebenwirkungen“
Von Stefan Keim

Anni nimmt Tabletten, so lange sie denken kann. Die 71jährige schläft schlecht. Ihre Rezepte hat sie säuberlich in einem Ordner aufgeklebt. Und wenn sie darin blättert, erinnert sie sich an ihr Leben, das die deutsche Nachkriegsgeschichte umspannt. Sie erzählt von Contergan, Terrorismus und Maueröffnung. Anni hat Angst, vor allem vor Flugzeugen, denn Klaus Fehlings Stück „Risiken & Nebenwirkungen“ spielt 2001, nach den Anschlägen auf das World Trade Center.

Verdrängte Ängste von Menschen, die im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen sind, und Medikamentensucht sind die Themen, die der Kölner Autor vor allem in Monologen bearbeitet hat. Anni wartet auf ihre Tochter Sigrid, die zusammen geklappt ist und beim Arzt sitzt. Sigrid war Sympathisantin der RAF und einige Jahre in der DDR untergetaucht. Sie quasselt im Wartezimmer vor sich hin. Psychologisch glaubwürdig ist Fehlings Stück nicht. Vor allem wenn ein aus Russland stammender Kriegsdienstverweigerer zu Anni kommt und von der alten Frau nicht lassen mag, wirkt die Konstruktion sehr bemüht. Der Text hat keine Form und bricht am Ende einfach ab. „Risiken & Nebenwirkungen“ ist kaum ein Stück, eher eine Skizze, die noch reichlich Reifezeit bis zur Uraufführung bräuchte.

In Osnabrück hat Marcel Keller mit großer Energie aus der unfertigen Vorlage einen respektablen Theaterabend gemacht. Zunächst ist die Bühne von einer Spiegelwand verdeckt, in der sich nicht nur Sigrid sondern auch das Publikum sieht. Virtuos spielt Christina Dom mit dieser ungewöhnlichen Situation des gebrochenen Blicks, spielt kurz die Zuschauer direkt an, spricht die meiste Zeit in den Spiegel. Dann öffnet sich die Szene, in Annis Wohnung ist alles grau, die Schranktür ist der Eingang zu ihrer Wohnung. Geschickt rückt Marcel Keller die Handlung ins Surreale, und Katrin Stephan wechselt präzise zwischen künstlichen und authentischen Tönen. Laurenz Leky überzeugt mit niedlichem russischem Akzent, in einer Traumsequenz wandelt er sich zu Annis Liebhabertraum, unterfüttert mit schmalziger Musik wie in einem Melodram der fünfziger Jahre. Durch diese Einfälle bleibt das Publikum dran, aber der brav zusammen geschusterte Text von Klaus Fehling dürfte keine Bühnenzukunft haben.